Eine der wesentlichen Aufgaben im Rahmen von SEVIP&V besteht in der Konzeptionierung eines Systems zur Automatisierung oder Teilautomatisierung von Dokumentationsaufgaben in der Pflege. Dahinter verbirgt sich die Hoffnung, Pflegekräfte im Alltag von Dokumentationspflichten entbinden zu können, um ihnen so mehr Zeit für die eigentlichen Kernaufgaben der Pflege sowie – zunehmend zum Glück als wichtig begriffene – zwischenmenschliche Kontakte zu Patienten und Angehörigen einzuräumen. Doch welchen zeitlichen Anteil nimmt die Dokumentation der pflegerischen Tätigkeit überhaupt im Rahmen typischer Pflegeprozesse ein?
Diese Frage zu beantworten ist Aufgabe der Arbeitsgruppe Prozessanalyse und -optimierung, die sich am 14.01.2015 zur zweiten Auswertungsrunde im Wernigeröder Innovations- und Gründerzentrum traf. Vorgestellt wurden dabei unter anderem die durch Isabell Schrader, Fabian Degen und Daniel Dudka – drei Studierende im Master-Studiengang Business Consulting der Hochschule Harz – entwickelten digitalen Modelle typischer Pflegeprozesse, die in vier stationären Pflegeheimen in Halberstadt erhoben wurden: Der morgendlichen Grundpflege, der Wundversorgung und -dokumentation sowie der Medikamentenverwaltung und -ausgabe. Dabei zeigten sich im Hinblick auf den Anteil der Dokumentation am Prozessaufwand erhebliche Unterschiede zwischen den drei Prozessen:
- Der Dokumentationsaufwand bei der Medikamentenverwaltung und –ausgabe wird von den befragten Pflegedienstleiterinnen als sehr hoch (etwa 30% des insgesamt anfallenden Arbeitsaufwands) eingeschätzt.
- Der Dokumentationsaufwand bei der Wundversorgung wird von den befragten Pflegedienstleiterinnen als hoch (ungefähr 20% des insgesamt anfallenden Arbeitsaufwands bzw. rund 10 Minuten pro Heimbewohner) eingeschätzt.
- Der Dokumentationsaufwand in der Grundpflege ist im Verhältnis zum gesamten Arbeitsaufwand in diesem Prozess mit nur 3 bis 5 Minuten pro Heimbewohner als gering einzustufen (in Einzelfällen ggf. erhöht durch Lagerungs- und Flüssigkeitsprotokolle). Da es sich jedoch um einen Prozess handelt, der sehr häufig durchlaufen wird, wird eine Dokumentations-Teilautomatisierung von den Befragten dennoch als lohnenswert betrachtet.
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe stützen damit insgesamt die Annahme, dass eine teilweise Automatisierung der Dokumentationsaufgaben für eine erhebliche zeitliche Entlastung von Pflegekräften sorgen könnte – wenn es gelingt, eine rechtssichere, technisch leicht in die bestehenden Prozesse integrierbare und für Pflegekräfte wie für Patienten gleichermaßen akzeptable Lösung zu finden. Die unter Einsatz der Software ibo.PROMETHEUS.NET digital erfassten Prozessmodelle werden bei der weiteren Suche nach einer solchen Lösung eine zentrale Rolle spielen, da sie es uns unter anderem ermöglichen werden, die Folgen der Integration technischer Hilfsmittel auf die Prozessperformance und Fehleranfälligkeit zu ermessen. Die Prozessmodelle (die obige Abbildung zeigt einen Ausschnitt als Beispiel) werden wir daher in den kommenden Monaten hier im SEVIP&V-Projektblog noch im Detail vorstellen.
Weitere wesentliche Inhalte der Arbeitsgruppensitzung waren die Diskussion praktischer Probleme beim Einsatz von Sprachsteuerungssystemen in Pflegeumgebungen sowie eine Vorstellung der erfolgreichen Apotheken-App durch den Geschäftsführer der brain-SCC GmbH in Merseburg, Herrn Sirko Scheffler. Die App, die eine verschlüsselte Bestellung von Medikamenten mittels Smartphone-Foto ermöglicht, wird im Großraum Dessau bereits von Pflegeeinrichtungen eingesetzt und könnte eine interessante Ergänzung für ein zukünftiges Pflegeassistenzsystem darstellen. Sie kann übrigens über den Google PlayStore kostenlos heruntergeladen und (in Dessau sowie in Wernigerode) genutzt werden.
Treffen der AG Prozessanalyse am 14.01.2015: Im Rahmen der zweiten Arbeitssitzung der AG Prozessanalyse im IGZ Wernigerode wurden drei unter Verwendung der Prozessmanagement-Software ibo.PROMETHEUS.NET digitalisierte Pflegeprozesse detailliert ausgewertet.